Dokumentationen in MadCap Flare sind mitunter nicht gut Freund eines jeden Übersetzungsbüros. Im Alltag sehen sich technische Redakteure daher immer wieder mit Problemen konfrontiert, wenn sie ihre Projekte übersetzen lassen wollen. Wir zeigen die häufigsten Probleme und ihre Ursachen und verraten, was man dagegen tun kann.
MadCap Flare ist ein sehr leistungsstarkes Authoring-Tool. Nicht jedes Übersetzungsbüro hat Flare-Expertise und kann mit Flare-Projekten so umgehen, dass technische Redakteure am Ende nicht nur eine qualitativ hochwertige Übersetzung bekommen, sondern auch Dateien, die problemlos wieder in Flare geöffnet und zum Kompilieren der Targets verwendet werden können.
Problem 1: Das Übersetzungsbüro/die Übersetzer wissen nicht, was die verschiedenen Tags bedeuten und können nicht richtig damit umgehen.
Dass scheinbare Kleinigkeiten eine große Auswirkung haben können, zeigt sich anhand von Tags. Flare ist XML-basiert, somit sind die Strukturinformationen in Tags enthalten. Zwar filtern CAT-Tools bereits viele Tags und der Übersetzer bekommt diese gar nicht zu Gesicht, dennoch enthalten die zu übersetzenden Dateien eine Vielzahl an unterschiedlichen Inline-Tags, die für die Übersetzung relevant sind.
Wenn Übersetzer – oder auch die Projektmanager – eines Übersetzungsbüros die Bedeutung der einzelnen Tags nicht kennen, kann es nicht nur zu falschen Übersetzungen führen, sondern auch dazu, dass sich betroffene Topics nicht mehr öffnen lassen. Ein Tag für eine einfache Fettschreibung oder einen Hyperlink sind vermutlich kein Problem, aber spätestens bei Variablen und Conditions muss der Übersetzer wissen, was er tut. Manchmal genügt schon ein fehlendes/falsch platziertes Tag, um einen XML-Fehler hervorzurufen. Ohne Flare- und XML-Kenntnisse kann es daher leicht zu schwer lösbaren Problemen kommen.
Problem 2: Endkunden melden zurück, dass manche Sätze keinen Sinn ergeben.
Nicht selten gibt es in Sätzen mehrere Conditions. Das mag in der Ausgangssprache – vor allem im Englischen – noch funktionieren, in der Zielsprache führt das in der Regel aber zu Problemen. Das bleibt oft so lange unbemerkt, bis sich der Endkunde meldet, weil gewisse Sätze in den Anleitungen keinen Sinn ergeben. Es scheint, als wären Textteile anderer Sätze hineingerutscht.
Die Schwierigkeit für den Übersetzer besteht nicht nur im Erkennen der Condition-Tags, sondern auch in der Lösungsfindung, damit die Conditions in der Zielsprache korrekt funktionieren. Manchmal ist es schlicht nicht möglich, den Satz in der Zielsprache so zu formulieren, dass alle Conditions abgedeckt werden (wenn beispielsweise Ein- und Mehrzahl im gleichen Satz vorkommen etc.). Als Folge davon enthält die Übersetzung dann sinnentleerte Sätze. Ein Übersetzungsbüro mit Flare-Expertise ist geschult im Umgang mit Conditions. Die Übersetzer versuchen dann die Übersetzung passend zu formulieren. Wenn dies trotz aller Bemühungen nicht möglich ist, steht der Projektmanager beratend zur Seite und zeigt, wie Conditions übersetzungsfreundlicher gestaltet werden können.
Problem 3: Das Übersetzungsbüro liefert unbrauchbare Dateien retour.
Hier liegt die Ursache oft darin, dass das Übersetzungsbüro den falschen Import-Filter im CAT-Tool verwendet hat. Das kann dazu führen, dass die Codierung in den übersetzten Dateien falsch ist und diese unbrauchbar sind. Es gibt zudem nicht nur html-Dateien in Flare-Projekten, sondern Snippets, Variablen, Glossare, Index-Dateien etc. mit Flare-spezifischen Endungen. Spezifische Dateifilter werden benötigt, damit der übersetzbare Inhalt richtig und vollständig “herausgezogen” wird.
Problem 4: Sie bemerken, dass zu viel oder – noch schlimmer – zu wenig Inhalt übersetzt wurde.
Ein häufiges Problem ist, dass das Übersetzungsbüro nicht weiß, welche der vielen Topic- und sonstigen Dateien in einem Flare-Projekt benötigt werden, um die vom Kunden bestellten Targets korrekt zu kompilieren. So kann es passieren, dass letztlich zu viel (was schlecht fürs Budget ist) oder zu wenig (was noch schlechter ist) übersetzt wird und noch ausgangssprachliche Inhalte in der finalen Dokumentation enthalten sind. Selbst wenn das Übersetzungsbüro MadCap Lingo verwendet, ist es möglich, dass zu wenige oder zu viele Dateien zur Übersetzung herausgezogen werden. So fehlen in Lingo oft Index-Dateien bzw. sind alle Flare-Glossare enthalten, auch wenn diese nur Flare-spezifische Beispieleinträge enthalten. Außerdem kann es passieren, dass die Einstellungen für Conditions im Vergleich zur Vorgängerversion versehentlich verändert wurden, was zu ausgeprägten Anstiegen in der Wortanzahl führen kann. Hier braucht es einen aufmerksamen Projektmanager, der etwaige Auffälligkeiten unter die Lupe nimmt und nachfragt, wenn etwas seltsam erscheint.
Problem 5: Sie bemerken, dass in Ihrem Target die Layoutierung nicht passend ist.
Besonders pdf-Targets bieten die Möglichkeit einer optisch ansprechenden Layoutierung. Beim Erstellen wird aber manchmal nicht bedacht, dass es in vielen Fremdsprachen zu einem Längenzuwachs kommt. Das führt dann beispielsweise dazu, dass der Text nicht mehr in den vorgesehenen Rahmen passt oder die Formatierung „zerschossen“ wird. Sie als Kunde merken das Dilemma möglicherweise erst, wenn Sie kurz vor dem Release unter Zeitdruck die Dateien kompilieren. Ein Übersetzungsbüro, das keine Erfahrung mit Flare-Projekten hat und die Software selbst möglicherweise gar nicht besitzt, wird dieses Problem nicht bemerken und auch nicht beheben können. Schlicht deshalb, weil es die Targets vor dem Liefern nicht bauen und nicht kontrollieren kann.
Problem 6: Sie bekommen übersetzte xliff-Dateien retour, können diese aber nicht weiterverarbeiten.
Dieses Problem kann auftreten, wenn Technische Redakteure selbst mit MadCap Lingo arbeiten und dem Übersetzungsbüro xliff-Dateien schicken. Wenn das Übersetzungsbüro dann ein CAT-Tool verwendet, das nicht in der Lage ist, „saubere“ xliff-Dateien zu erzeugen, bekommt der Technische Redakteur nach der Übersetzung zwar übersetzte Dateien, kann diese aber nicht mehr in Lingo zurück importieren. Das Übersetzungsbüro sollte also darauf achten, mit welchem CAT-Tool es bei diesen Projekten arbeitet, und idealerweise vorab einen Probedurchlauf anbieten.
Der Ausweg?
Das sind aber viele Probleme und wenig Lösungen, denken Sie jetzt? Keine Sorge – alles halb so schlimm! Denn es gibt eine pauschale Lösung für all diese (und noch weitere) Probleme: Stellen Sie sicher, dass Ihr Übersetzungsbüro Flare-Expertise hat und sich stets in diesem Bereich weiterbildet. Wenn das der Fall ist, weiß das Übersetzungsbüro, worauf es im Umgang mit Flare-Projekten achten muss. Sie können getrost Ihre Flare-Projekte an das Übersetzungsbüro schicken, ohne vorher in Lingo arbeiten oder umständliche Kompilierungen vornehmen zu müssen, und erhalten übersetzte und funktionierende Projekte retour. So einfach kann es sein! Und es spart Zeit und Nerven. Und der Bonus: Sie können mit Ihren Ansprechpartnern gemeinsam Lösungswege finden und den Übersetzungsprozess laufend optimieren.
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