Der ideale Workflow bei der Übersetzung von MadCap Flare-Projekten

2021-04-Idealer-Uebersetzungsworkflow-MadCap-Flare

Die Single Source Dokumentations-Software MadCap Flare bietet in der technischen Redaktion enorm viele Möglichkeiten. Je größer und komplexer die Projekte gestaltet sind, desto herausfordernder sind sie bei der späteren Übersetzung. Damit am Ende nicht nur ein übersetztes, sondern auch funktionierendes und gelayoutetes Projekt herauskommt, muss das Übersetzungsbüro einiges beachten. Wir zeigen die acht Schritte in einem idealen Workflow.

Eines vorneweg: Die eigentliche Arbeit des Übersetzers ist in der Regel nur die Spitze im Übersetzungsprozess. Damit Sie am Ende eine hochwertige Übersetzung erhalten, mit der Sie im besten Fall keinen weiteren Nachbearbeitungsaufwand haben, braucht es eine gute Vorbereitung und Nachbearbeitung durch den Projektmanager. Dies gilt insbesondere für Übersetzungen von MadCap Flare-Projekten. Wer hier mit einem Übersetzungsbüro zusammenarbeitet, dessen Expertise nicht bei Flare liegt, wird vermutlich böse Überraschungen erleben und sich hinterher mit großem Nachbearbeitungsaufwand herumschlagen müssen.

Damit Sie am Ende ein Projekt bekommen, bei dem alle Targets einwandfrei funktionieren und in dem alle Inhalte ordnungsgemäß übersetzt wurden, braucht es Erfahrung, Fachwissen und auch die Leidenschaft zum Tüfteln auf Seiten des Übersetzungsbüros. Den idealen Workflow bei der Übersetzung von MadCap Flare kann man grob in acht Schritte unterteilen:

1. Übermittlung und Überprüfung der Datei

Als erstes wird das Projekt via Kundenportal oder via verschlüsseltem Link an das Übersetzungsbüro übermittelt. Flare-Dateien sind in der Regel zu groß, um sie per E-Mail zu verschicken. Nachdem der Projektmanager die Datei und alle relevanten Informationen (welche Targets sollen übersetzt werden, gewünschter Liefertermin, benötigte Sprachen, Besonderheiten, etc.) erhalten hat, öffnet er die Datei in Flare und unterzieht das Projekt einer umfassenden Prüfung. Ziel ist es, herauszufinden, ob etwas im Projekt Probleme im Übersetzungsprozess verursachen könnte. Die Liste der potenziellen Fehlerquellen ist lang. So werden bestimmte Dateiformate eventuell nicht automatisch für die Übersetzung exportiert und müssen vom Projektmanager händisch bearbeitet werden. Auch Targets können Probleme machen: Es gibt Targets, die nicht richtig definiert sind oder aufgrund zu langer Dateipfade Schwierigkeiten bereiten. Nach dieser Prüfung werden die gewünschten Targets testweise gebaut, um zu sehen, ob das überhaupt funktioniert. Außerdem lässt sich so feststellen, ob Grafiken bearbeitbaren und somit übersetzbaren Text enthalten (dies ist der Fall, wenn sie mit MadCap Capture erstellt wurden). 

2. Import in MadCap Lingo

Als Zwischenschritt kommt als nächstes MadCap Lingo ins Spiel. Dieses CAT-Tool aus dem Hause MadCap ist praktisch, um gezielt den Text aus den benötigten Targets zu extrahieren. Dazu wird das gesamte Flare-Projekt in Lingo importiert, anschließend erfolgt die Auswahl der Targets. Lingo kreiert dann ein sogenanntes XLIFF-Bundle. Dieses enthält alle Dateien, die benötigt werden, damit später im Target alle Inhalte übersetzt sind. In Lingo muss der Projektmanager auch die Entscheidung treffen, ob Variablen geglättet werden oder nicht. Wann immer Texte, die in Variablen stehen in der Zielsprache nicht auf dieselbe Art übersetzt werden können (z. B. aufgrund von Flexionen oder Komposita), werden diese geglättet.

3. Vorbereitung im CAT-Tool

Im nächsten Schritt wird das von Lingo erstellte Bundle entzippt und danach in das CAT-Tool, mit dem das Übersetzungsbüro arbeitet, importiert. Es wäre grundsätzlich möglich, auch in Lingo zu übersetzen. Lingo bietet jedoch nicht alle Möglichkeiten und Funktionalitäten, die größere Übersetzungsbüros benötigen (z. B. serverbasiertes Arbeiten).

Die Vorbereitungsarbeiten im CAT-Tool unterscheiden sich an dieser Stelle nicht von denen, die bei anderen Dateiformaten üblich sind. Da Flare-Projekte in der Regel aber sehr, sehr viele Dateien enthalten, muss der Projektmanager besonders achtsam sein – insbesondere dann, wenn bei Produktupdates nur wenig Text neu zu übersetzen ist und das meiste schon vorhanden ist. Ein großes Fehlerpotenzial bieten auch Tags. Ein falsch gesetztes Tag führt schon zu groben XML-Fehlern, durch die sich Topics nicht mehr öffnen lassen oder die eine Umwandlung des Lingo-Projekts in ein Flare-Projekt verhindern können.

4. Übersetzung

Hat der Projektmanager das Projekt aufgesetzt und vorbereitet, kann sich der Übersetzer an die Arbeit machen. Die Übersetzung von Flare-Projekten ist meist ein herausfordernder Prozess, der zeitintensiv ist. Mitunter ist es für den Übersetzer, beispielsweise bei Software-Texten oder Online Hilfen, nicht immer einfach zu erkennen, was er da gerade übersetzt und wo sich dieser Text im fertigen Dokument befindet. Daher kann es immer wieder zu Rückfragen kommen, die der Projektmanager mit dem Kunden klärt. Ideal ist es, wenn Referenzdateien zur Verfügung stehen oder die Übersetzer Zugriff zur Software bekommen können.

5. Überprüfung im CAT-Tool

Nach der Übersetzung ist wieder der Projektmanager am Zug. Er führt den sogenannten QA-Check (QA steht für Quality Assurance) durch. Besonderes Augenmerk liegt bei Flare-Projekten auf Tags und fehlenden/zusätzlichen/falsch eingefügten Leerzeichen. Diese scheinbaren Kleinigkeiten können große Auswirkungen in der späteren Ausgabedatei haben.

6. Import in Lingo & Check

Nach der Qualitätskontrolle im CAT-Tool ist das Projekt bereit zum Export. Das Bundle wird wieder in das ursprüngliche Lingo-Projekt (Schritt 2) importiert. An dieser Stelle wird noch einmal ein QA-Check direkt in Lingo durchgeführt, im Zuge dessen eventuell unübersetzte Segmente oder falsch gesetzte/fehlende Tags aufgespürt werden können. Wenn alles passt, kann das Flare-Projekt generiert werden.

7. Funktionstext und Layoutüberprüfung

Nachdem das (neue) Flare-Projekt erstellt ist, wird es geöffnet, um die übersetzten Targets zu bauen. Im Anschluss kontrolliert der Projektmanager das Ergebnis und überprüft, ob tatsächlich alle Inhalte übersetzt wurden (alle Links und Verweise, Kopf- und Fußzeilen, Suchfelder, etc.). Auch auf die korrekte Darstellung wird geachtet. Wurden auch Grafik-Texte übersetzt, reicht in der Regel die Größe der Textfelder aufgrund des Längenzuwachses nicht für den Text in der Fremdsprache. Der Projektmanager sorgt dafür, dass auch hier alles korrekt angezeigt und vollständig lesbar ist. Eine besondere Herausforderung sind asiatische Sprachen und Sprachen, bei denen sich die Leserichtung ändert. Hier wird das fertige Target meist noch einmal an den Übersetzer zur Überprüfung geschickt.

8. Lieferung

Wenn alles gut aussieht, ist das Projekt bereit zum Liefern. Sie erhalten es auf demselben Weg retour, wie Sie es übermittelt haben und können sich dann über ein Projekt freuen, bei dem Sie wenig bis gar nichts mehr zu tun haben. Denn mit den genannten acht Schritten verfolgt Ihr Übersetzungsbüro ein Ziel: Ihnen Arbeit abnehmen.

Was sich in der Theorie in wenigen Minuten liest, dauert in der Praxis viele Stunden, Tage und meist sogar Wochen. Der Übersetzungsprozess von MadCap Flare-Projekten ist je nach Umfang und Komplexität sehr zeitintensiv. Schon allein das Laden in der Software ist nicht vergleichbar mit Word-Dokumenten.

 

 

Titelbild: © Adobe Stock

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